Autorin: Barbara Kirschbaum
Herausgeber: mgo fachverlage GmbH & Co. KG
Erscheinungstermin: 27. Mai 2019
5. Auflage, 204 Seiten
ISBN-10: 3964741876
ISBN-13: 978-3964741875
Abmessungen: 17.1 x 1.7 x 24.6 cm
Preis: 29,95 €
Das System der 8 außerordentlichen Gefäße und seine Anwendung
Für Praktiker der chinesischen Medizin sind die 8 außerordentlichen Gefäße ein Thema mit sehr vielen offenen Fragen. Da sich das Behandlungssystem der außerordentlichen Gefäße sowohl von der Syndromlehre der TCM als auch von der Theorie der 5 Wandlungsphasen stark unterscheidet, bringt die Anwendung dieser Meridiane einige Schwierigkeiten mit sich.
Dieses Buch schafft umfassende Klarheit über das System der 8 außerordentlichen Gefäße und wird praktisch untermauert durch gut dokumentierte Fallbeispiele. Es wendet sich an Behandler, die bereits mit dem chinesischen Energiesystem arbeiten, wie zum Beispiel Qigong-Lehrer und -Praktizierende sowie Akupunkteure, die eine konstitutionell wirksame Medizin betreiben wollen.
Aus dem Inhalt:
- Einführung und Grundlagen
- Allgemeine Charakteristika in Abgrenzung zu den Hauptmeridianen
- Verbindung zu den 6 Energieschichten
- Detaillierte Darstellung der einzelnen außerordentlichen Gefäße
(inkl. Meridianverlauf, Funktion und Anwendung, wichtige Akupunkturpunkte, Fallbeschreibungen) - Praktische Hinweise zur Anwendung in der Akupunkturbehandlung
Rezension
Die Lehre der „8 außerordentlichen Gefäße“ Qi Jing Ba Mai 奇經八脈 erfreut sich in der praktischen Anwendung bei vielen Therapeuten großer Beliebtheit. Überschüssige Fülle-Situationen können in diese Reservoirs umgeleitet werden und in Zeiten von Energiemangel können sie wiederum angezapft werden. Die deutschsprachige Literatur zu diesem Thema ist dünn gesät. Umso wertvoller hier ein Werk vorzufinden, dass sich nicht nur auf die Klassiker beruft. Auch die langjährige Praxiserfahrung der Autorin ist deutlich erkennbar.
Barbara Kirschbaum hat mit *Die 8 außerordentlichen Gefäße* ein Werk vorgelegt, das sich bewusst in die Tradition der großen Klassiker der chinesischen Medizin stellt und diese weiterführt. Schon in den einleitenden Kapiteln wird deutlich, dass die Autorin tief im klassischen Gedankengut verwurzelt ist, dabei aber zugleich die unterschiedlichen Schulen – die chinesische, die japanische sowie die französisch-vietnamesische Linie – berücksichtigt. Sie spannt damit einen Bogen, der die historische Vielfalt der Auffassungen zu den Qi Jing Ba Mai erfasst und gleichzeitig die Brücke in die heutige Praxis schlägt.
Besonders wertvoll ist, dass Kirschbaum nicht bei den rein strukturellen Beschreibungen stehenbleibt, sondern die energetische Dimension der acht außerordentlichen Gefäße herausarbeitet. Dieser Zugang fehlte bislang oft in der Literatur. Ihre eigene langjährige Erfahrung – sowohl als Therapeutin als auch in der Lehrpraxis – fließt hier ein und macht das Buch authentisch. Zahlreiche konkrete Praxistipps, sowohl für die klinische Anwendung als auch für die therapeutische Herangehensweise, machen den Text lebendig und nützlich.
Wichtig ist zu betonen: Dieses Buch richtet sich eindeutig nicht an Einsteiger. Die Autorin setzt fundierte Kenntnisse der TCM voraus, insbesondere in Bezug auf Leitbahntheorie und Akupunkturpunkte. Dies ist weniger ein Mangel, sondern vielmehr der Komplexität des Themas geschuldet: Eine Einführung „von Grund auf“ würde der Tiefe und Spezifik der Qi Jing Ba Mai nicht gerecht werden.
Für mich als Qigong-Lehrer war besonders erfreulich, dass Kirschbaum immer wieder die enge Verbindung zwischen den außerordentlichen Gefäßen, dem Jing und der nährenden Kraft der Qigong-Praxis betont. Gerade die Wechselwirkung zwischen innerer Kultivierung und therapeutischer Anwendung wird hier auf eindrucksvolle Weise sichtbar gemacht.
Sehr klar arbeitet die Autorin zudem heraus, dass die üblichen diagnostischen Verfahren – etwa nach den Zang Fu oder den acht Leitkriterien – auf die Qi Jing Ba Mai nicht übertragbar sind. Auch die Zungendiagnose liefert keine Hinweise, einzig wenige Pulsqualitäten können gelegentlich Aufschluss geben. Diese präzise Abgrenzung ist von großem Wert, um Missverständnisse zu vermeiden.
Im Hauptteil widmet sich Kirschbaum dann jedem der acht außerordentlichen Gefäße im Detail: Sie beschreibt die Hauptverläufe und Sekundärgefäße, stellt die spezifischen Funktionen und Aufgaben dar, führt häufig genutzte Akupunkturpunkte samt deren Wirkung auf und ergänzt das Ganze mit eindrucksvollen Fallbeispielen. Diese Fallgeschichten machen deutlich, welche klinische Relevanz die Arbeit mit den Qi Jing Ba Mai haben kann und wie differenziert sich ihr therapeutisches Potenzial entfaltet.
Insgesamt ist Die 8 außerordentlichen Gefäße in der traditionellen chinesischen Medizin ein Werk, das die bisherige Fachliteratur entscheidend bereichert. Es verbindet klassische Wurzeln mit moderner klinischer Erfahrung, eröffnet energetische Perspektiven, die oft zu kurz kommen, und liefert zugleich eine Fülle an praxisnahen Hinweisen. Für alle, die bereits sicher in der TCM verankert sind und ihr Wissen vertiefen möchten, ist dieses Buch ein unverzichtbarer Begleiter.